
Crowdinvesting:
Wie diese beiden Gründer die Reisebranche aufräumen wollen
Braucht es neben Trivago, Holidaycheck und Co. noch eine weitere Urlaubsplattform? Philippe Gessner und Klaus Ehrl wollen vor allem das Pauschalreisen noch einfacher machen. Der Zeitpunkt ist gut, das Produkt jedoch künstlich aufgebauscht.

Foto: holidayfind.de
"Digitale Plattformen sind für alle Branchen inzwischen Standard, technische Lösungen für Recherchen ein Muss. Bei den Online-Angeboten zur Reiseplanung gibt es bisher jedoch noch viele alte und starre Muster, die sich seit Jahren nicht verändert haben." Mit diesem und anderen Argumenten wollen Philippe Gessner und Klaus Ehrl das Reisen noch einfacher machen. Genauer gesagt Pauschalreisen für Familien. Um ihre Vergleichsplattform holidayfind.de zu finanzieren, brauchen die beiden Gründer jedoch Geld. Am 12. Juni 2022 starteten die selbsternannten Marketing- und Tourismus-Profis daher eine Crowdinvesting-Kampagne auf Funder Nation. Selbsternannt, da in ihren Vitas bisher keine Tourismus-Expertise zu erkennen ist. Mit Marketing scheinen sie sich auszukennen, gemeinsam führen sie die Marketing- und Innovationsberatung Blauwege GmbH. Gessner hat laut Linkedin außerdem Erfahrung bei Google und BBDO gesammelt.
Reisegutscheine als zusätzliche Anreize zu investieren
Bis Juli soll über das Crowdinvesting mindestens die Summe von 100.000 Euro eingespielt werden. Das Fundingmaximum beziffern die Münchner auf 450.000 Euro. Wer auf Funder Nation mindestens 250 Euro investiert, nimmt automatisch an einer Verlosung von zwei Urlaubsgutscheinen in Höhe von 2.222 Euro teil.
Braucht es neben Opodo, Skyscanner, Kayak und Co. wirklich noch ein Urlaubsportal? Nach Ansicht der beiden Unternehmer haben sich - wie schon erwähnt - die Online-Angebote im Bereich der Reiseplanung in den letzten Jahren nicht verändert. Tatsächlich stimmt das so nicht, denn gerade die Reisebranche verändert sich rasant, die Portale rüsten wie wild Funktionen nach, Customer Journeys werden End-To-End immer kompletter. Die veränderten Anforderungen der Pandemiejahre hat einige dieser Entwicklungen noch beschleunigt. Dennoch behauptet das Zweiergespann: "Das führt dazu, dass Nutzer:innen im Schnitt stundenlang mit Suchen, Preise vergleichen und umständlichen Buchungssystemen beschäftigt sind. Das ist zu viel. Holidayfind.de ist qualitativ besser als alle anderen Online-Reisebüros", so Philippe Gessner.
Der Zeitpunkt ist gut, doch wie innovativ ist das Produkt wirklich?
Dennoch scheint für den Launch ein guter Zeitpunkt zu sein. Denn mit der Entspannung der Pandemie kommt auch wieder die Reiselust der Deutschen. Das Konzept funktioniert folgendermaßen: Auf Basis von über 300 Selektionskriterien ermittelt das Münchner Start-Up schnell und individuell das perfekte Reiseland, die richtige Insel, das optimale Ressort für alle, die eine passende Pauschalreise suchen. Aktuell sind nach Angaben des Unternehmens alle bedeutenden Reiseanbieter, insgesamt 53, an Holidayfind angebunden. Kernstück sei hier ein KI-Algorithmus mit Deep-Learning-Funktion, der die Sehnsüchte der Urlaubssuchenden mit über 50.000 Pauschalreisen-Hotels matcht. Familien benötigen bisher im Schnitt rund neun Stunden für ihre Online-Reiseplanung, von der Recherche bis zur finalen Buchung. Die Plattform soll diesen Prozess radikal verkürzen und gleichzeitig mit über 300 Selektionskriterien eine Reiseberatung bieten, die selbst im Reisebüro nur selten geliefert werden kann. KI und Deep-Learning sind hier vermutlich mal wieder Worte, die eigentlich nur für eine enorm große Datenbank stehen. Denn bei einem Test lieferte die Suchmaschine für viele Anfragen keine Ergebnisse.
"Nach über zwei Jahren Pandemie freuen sich die Deutschen wieder auf den Urlaub. Insbesondere Familien wünschen sich aber zunehmend mehr Service und Empfehlungen als die Standard-Optionen existierender Angebote derzeit liefern. Wie jeder Wirtschaftszweig muss auch die preissensible Pauschalreise individueller werden. Wir freuen uns, mit holidayfind.de eine Branchenlösung mit einem innovativen, lernenden Algorithmus zu etablieren, die genau das bietet", sagt Klaus Ehrl, der geschäftsführende Gesellschafter von Holidayfind.
Drei Jahre für die Entwicklung, nun soll skaliert werden
Der Launch der Plattform ist hierzulande dreistufig angelegt. Der Start ist im Juli in Bayern geplant. Die Crowdinvesting-Kampagne auf Funder Nation soll die finanzielle Basis für eine breit angelegte Marketing-Offensive in diesem Zeitraum schaffen. 2023 soll ein weiteres Bundesland folgen. Der nationale Rollout ist für 2025 vorgesehen. Als Zielgruppe hat Holidayfind primär Familien - und hier die Frauen als Haushaltsführende – im Blick, die überwiegend Pauschalreisen buchen. Das Potenzial ist zugegeben gigantisch: Der Umsatz für diese Urlaubsart liegt bei knapp 31 Milliarden Euro jährlich – rund die Hälfte davon wird über Online-Buchungen getätigt.
Die Crowdinvesting-Kampagne auf Funder Nation ist die zweite Runde der Fremdfinanzierung für das Start-Up. 2019 hatte die Bayerische Staatsregierung im Rahmen ihrer Initiative "Digitalbonus Plus" das Unternehmen mit 50.000 Euro gefördert. 2025 plant das Unternehmen in die Gewinnzone zu kommen. Einem prognostizierten Umsatz von 11,8 Millionen Euro stehen dann Kosten von 8,7 Millionen gegenüber. Das Geschäftsmodell verspricht außerdem schnell zu skalieren: Für 2027 peilen Ehrl und Gessner einen Umsatz von 28,5 Millionen und einen Gewinn vor Steuern von 11,4 Millionen an. Angesichts dessen, dass die Münchner drei Jahre nur für die Entwicklung gebraucht haben, bleibt zu hoffen, dass es ab jetzt wirklich schneller geht.
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