Anhörung:
Zuckerberg widerspricht Facebook-Whistleblowerin
Mark Zuckerberg äußert sich in einem persönlichen Statement zu den Vorwürfen von Frances Haugen. Dabei legt er Wert darauf, vehement gegen Hassrede vorzugehen sowie Kinder und Jugendliche im Blick zu haben.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat den Vorwurf zurückgewiesen, das Online-Netzwerk stelle Profite über das Wohl seiner Nutzer. "Das ist einfach nicht wahr", schrieb Zuckerberg in einer am Dienstag veröffentlichten E-Mail an die Mitarbeiter. Als Beispiel nannte er eine Änderung, mit der Facebook vor einigen Jahren anfing, Nutzern mehr Beiträge von Freunden und Familienmitgliedern statt viraler Videos zu zeigen. Es war das erste Mal, dass sich Zuckerberg ausführlich zu den Vorwürfen einer Whistleblowerin und Enthüllungsberichten äußerte.
Der Facebook-Gründer verteidigte den Plan, eine Instagram-Version für Zehn- bis Zwölfjährige zu entwickeln. "Die Realität ist, dass junge Menschen Technologie nutzen." Statt dies zu ignorieren, sollten Tech-Unternehmen Dienste entwickeln, die ihre Bedürfnisse erfüllten und zugleich für eine sichere Umgebung sorgten.
Die ehemalige Facebook-Managerin Frances Haugen, die als Whistleblowerin auftritt, hatte kurz zuvor bei einer Anhörung im US-Senat ausgesagt. Dort rief sie die Politik auf, das Online-Netzwerk zu mehr Transparenz zu zwingen. "Facebook formt unsere Wahrnehmung der Welt durch die Auswahl der Informationen, die wir sehen." Dabei wisse bisher nur der Konzern, wie er den Newsfeed der Nutzer personalisiere.
Die 37-Jährige war rund zwei Jahre für Facebook und zuvor bei Google sowie der Fotoplattform Pinterest tätig. Für besondere Empörung sorgte in den USA ihr Vorwurf, Facebook habe aus internen Studien gewusst, dass Instagram der psychischen Gesundheit einiger Teenager schade - aber keine konsequenten Maßnahmen dagegen ergriffen.
Zuckerberg kritisierte, die Studienergebnisse seien aus dem Kontext gerissen worden. Dabei sei ein "falsches Narrativ konstruiert worden, dass es uns egal ist".
Außerdem findet er Haugens Punkt unlogisch, dass Facebook bewusst Hate Speech und Hetze in Kauf nehme. Vielmehr legten Marken größten Wert auf Brand Safety. Daher liege es in Facebooks Interesse, dem einen Riegel vorzuschieben.
Konsequenzen nach #facebookdown
Hamburgs Datenschutzbeauftragter Ulrich Kühn forderte eine stärkere Regulierung der sozialen Netzwerke. "Die konsequente Durchsetzung der datenschutzrechtlichen Anforderungen in Europa wäre ein notwendiger erster Schritt", sagte Kühn der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch).
Seine Behörde ist für Facebook in Deutschland zuständig. Der Ausfall am Montag habe deutlich gemacht, wie sehr Facebook seine sozialen Netzwerke inzwischen verknüpft habe. "Dass alle großen Dienste - Facebook, WhatsApp und Instagram - zugleich betroffen waren, zeigt die enge Nähe dieser Produkte und deren immer größere Verschmelzung miteinander."
"Schwerer wiegen die fortwährenden Bestrebungen, die Dienste auch inhaltlich zu verzahnen und Daten aus einem Dienst für den anderen zu nutzen", sagte Kühn. Hier habe sich seine Behörde auf europäischer Ebene nicht durchsetzen können, die Benutzung personenbezogener WhatsApp-Daten für Facebook-Zwecke zu untersagen. Der Ausfall zeige auch, wie sehr Facebook in Europa entgegen anderen Verlautbarungen aus den USA betrieben werde. "Die scheinbare Eigenständigkeit der europäischen Anbieter Facebook Ireland Ltd. und WhatsApp Ireland Ltd. besteht vor allem auf dem Papier."
Technische Probleme bei Facebook und seinen Töchtern WhatsApp und Instagram hatten am Montag zu einem rund sechsstündigen Ausfall geführt. Insbesondere jüngere Menschen haben darauf mit Frust reagiert. Wie aus einer YouGov-Umfrage hervorgeht, fühlten sich 46 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in ihrer Kommunikation eingeschränkt.
Bei der Gesamtbevölkerung gab ein Viertel der Befragten an, sich eingeschränkt gefühlt zu haben.
Als Konsequenz aus dem Ausfall der Facebook-Dienste fordern Verbraucherschützer mehr Alternativen. "Tech-Giganten wie Google, Apple oder Amazon kontrollieren aus ihrer starken Marktposition heraus den Zugang zu Handelsplätzen und digitalen Ökosystemen", sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, der Funke-Mediengruppe. Verbraucher und Wettbewerber seien oft von deren Diensten abhängig.
Um diese Abhängigkeit zu verringern, forderte Müller eine Schnittstellen-Pflicht für Messenger-Dienste, so dass unterschiedliche Systeme zusammenarbeiten können. Dies würde die Kommunikation von Nutzerinnen und Nutzern verschiedener Dienste ermöglichen, "ohne etwa zwangsläufig zu WhatsApp wechseln zu müssen".
Große Hoffnung setzt Müller in eine Initiative der EU: den Digital Markets Act. Mit dem Gesetzesvorhaben müsse die Bevorzugung der eigenen Produkte durch die Konzerne unterbunden werden, forderte der Verbraucherschützer. Echte Wahlfreiheit hätten Nutzer, "wenn etwa Plattformen sie nicht mehr daran hindern dürfen, vorinstallierte Apps zu löschen oder alternative App Stores zu nutzen".