
Foodwatch vs. Climate Partner:
Streit um Goldenen Windbeutel für Rewe-Fleisch
Mit "manipulierten Zertifikaten" rechne Rewe sein Hähnchenbrustfilet klimaneutral, schimpft Foodwatch. Der Zertifizierungspartner Climate Partner widerspricht. In dem Streit geht es um ein Waldprojekt in Peru.

Foto: Foodwatch
Der "Goldene Windbeutel 2021", den die Organisation Foodwatch jährlich für die dreisteste Werbelüge vergibt, geht in diesem Jahr an die Rewe-Eigenmarke Wilhelm Brandenburg für deren Hähnchenbrustfilets. Grund: Auf den Päckchen klebt ein Sticker mit dem Aufdruck "Klimaneutral", doch werde laut Foodwatch das Hähnchenfleisch weder emissionsfrei hergestellt, noch gäbe es einen Ausgleich des bei der Produktion anfallenden CO2-Ausstoßes.
Foodwatch hatte Rewe und den Produzenten Lohmann & Co. unlängst abgemahnt, denn das von Climate Partner vermittelte Wald-Projekt Tambopata in Peru, über das Rewe die Treibhausgas-Emission kompensieren will, schütze laut Foodwatch weder den dortigen Wald noch das Klima. Das Projekt in Peru existiere zumindest in den ersten Jahren "nur auf dem Papier" und die Zertifikate für das Geflügelfleisch von Rewe stammten aus den Jahren 2010 bis 2012.
Laut Foodwatch seien die Zertifikate demnach falsch, denn für diesen Zeitraum habe das Projekt nachweislich keinerlei Emissionsreduzierung bewirkt. Manuel Wiemann, Wahlleiter beim Goldenen Windbeutel: "Mit manipulierten Zertifikaten rechnet Rewe Fleisch klimaneutral – doch durch das Kompensationsprojekt in Peru werden Bäume nicht geschützt, sondern gefällt!"
Climate Partner weist Vorwürfe zurück
Während Rewe und Lohmann die von Foodwatch geforderte Unterlassungserklärung bislang nicht unterzeichnet haben, wehrt sich auch Climate Partner gegen die Vorwürfe. Die Kritik des Foodwatch-Berichtes am Waldschutzprojekt Tambopata beruhe auf methodischen Fehlern und sei nicht gerechtfertigt, so Climate Partner in einer Stellungnahme. Vielmehr seien die Vorgaben des Verified Carbon Standard von VERRA erfüllt und validiert. Unabhängige Analyse bestätigten zudem die positive Klimawirkung des Tambopata-Projekts unter der Beachtung "hoher Qualitätsstandards und regelmäßiger Zertifizierung."
Wettbewerbszentrale fordert Klärung
Die Wettbewerbszentrale fordert unterdessen schon länger mehr Transparenz für den Begriff "klimaneutral" und sieht sich durch mehrere Gerichtsurteile bestätigt. "Klimaneutralität ist zu einem wichtigen Werbeargument geworden. Es führt zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn Unternehmen, die konventionell weiter wirtschaften und ausschließlich Zertifikate kaufen, ohne weitere Aufklärung mit "klimaneutral" werben, während andere Unternehmen auch mit "klimaneutral" werben, aber mit großem Aufwand ihren CO2-Ausstoß erheblich verringert haben," sagt Tudor Vlah, zuständiger Referent für umweltbezogene Werbung bei der Wettbewerbszentrale. Daher müsse bei der Werbung mit "klimaneutral" darüber informiert werden, dass eine Kompensation stattfinde und zu welchem Anteil eigene Maßnahmen zur CO2-Reduzierung dahinterstünden, fordert Vlah. Mit weiteren Gerichtsverfahren möchte die Wettbewerbszentrale eine grundsätzliche Klärung der Frage erreichen, welche Anforderungen an die rechtssichere Werbung mit der Aussage "klimaneutral" gelten.