Jugendschutz:
Pornhub und Co. droht endgültige Sperrung
In ihrer bisherigen Form droht den großen Pornoportalen hierzulande eine Netzsperre. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat nun entsprechende Anordnungen der Landesanstalt für Medien in NRW bestätigt.
Zwei Pornoseitenbetreiber mit Sitz in Zypern haben erfolglos gegen ein Verbreitungsverbot ihrer Inhalte in Deutschland geklagt. Nachdem die Kommission für Jugendmedienschutz im Juni 2020 die Verbreitung ihrer Inhalte untersagt hatte, hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf die entsprechenden Anordnungen der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen jetzt in drei Beschlüssen bestätigt. Die Vorschriften des deutschen Jugendmedienschutzstaatsvertrages seien anwendbar, auch wenn eine Internetseite vom EU-Ausland aus betrieben werde, hieß es zur Begründung.
"Konkret machen alle drei Angebote pornografische Inhalte frei zugänglich, ohne sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang dazu erhalten", hieß es damals. Es soll sich dabei um Pornhub, Youporn und Mydirtyhobby handeln, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete. Das Verfahren wurde über die Landesmedienanstalt NRW geführt.
Die Forderung der Jugendschützer: Alterskontrollen
Das Gericht habe ihre Rechtsauffassung vollumfänglich bestätigt, teilte die Landesanstalt für Medien NRW mit. Die Entscheidung sei in ihrer Eindeutigkeit "sehr erfreulich". Für die deutschen Angebote sei eine echte Altersüberprüfung der Nutzer einzurichten. Bei der Eindeutigkeit der Entscheidung sei schwer vorstellbar, warum das Hauptsacheverfahren anders ausfallen sollte. "Angesichts der Entscheidung fordern wir die Porno-Plattformen erneut auf, unmittelbar den effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten", sagte LfM-Chef Tobias Schmid. "Das Einzige, was sie hierfür tun müssen, ist eine wirksame Alterskontrolle einzuführen. Alternativ können sie auch die Verbreitung des Angebots in Deutschland einstellen."
Kein Verstoß gegen Herkunftslandprinzip
Die Eilanträge der zypriotischen Gesellschaften gegen die Vorgaben der LfM zum Jugendschutz lehnte das Gericht ab (Az.: 27 L 1414/20, 27 L 1415/20, 27 L 1416/20). Der deutsche Jugendmedienschutz sei anwendbar, auch wenn die Internetseiten vom EU-Ausland aus betrieben würden. Das Verfahren verstoße weder gegen nationales Verfassungsrecht noch gegen Völkerrecht oder das Recht der Europäischen Union, befanden die Düsseldorfer Richter. Der EU-Mitgliedstaat Zypern sei von den deutschen Behörden auch hinreichend in die Maßnahmen eingebunden gewesen.
Die Anbieter könnten sich auch nicht auf das sogenannte Herkunftslandprinzip berufen, wonach für Internetanbieter nur die Regeln des Herkunftslandes gelten. Der strenge deutsche Jugendmedienschutz müsse Anwendung finden, weil Kindern und Jugendlichen ernste und schwerwiegende Gefahren durch freien Zugang zu pornografischen Internetseiten drohe. Studien hätten gezeigt, dass etwa die Hälfte der befragten Kinder und Jugendlichen schon frei zugängliche Pornografie im Internet konsumiert habe. Die Anbieter müssten sicherstellen, dass nur Erwachsene Zugang zu solchen Inhalten erhielten.
Gegen die insgesamt drei Beschlüsse kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Eine Sprecherin des OVG sagte auf Anfrage, die Beschwerdemöglichkeit habe keine aufschiebende Wirkung.
LfM-Chef Schmid spricht von "abnormalen" Sexualpraktiken
Dass auch Kinder im Netz harte Pornografie konsumieren können, ist Medienaufsehern in Deutschland schon lange ein Dorn im Auge. Medienaufseher und LfM-Chef Schmid will die reichweitenstärksten Porno-Portale dazu zwingen, in ihren deutschsprachigen Angeboten eine wirksame Altersbeschränkung einzuführen. "Wenn wir einerseits im Fernsehen jeden Trailer kontrollieren, Kinder im Netz aber ungefiltert mit abnormalen Sexualpraktiken konfrontieren, können wir es auch sein lassen." Eine schwierige Wortwahl, von "abnormal" und "normal" zu sprechen.
Betreiber fürchten Reichweiteneinbruch
Die Porno-Riesen (unter anderem Mindgeek) auf Zypern konnten sich allerdings bislang auf das mangelnde zypriotische Interesse an der Durchsetzung deutschen Jugendschutzes verlassen. Deswegen wollen die Medienaufseher über die Infrastruktur-Anbieter in Deutschland erreichen, das rechtswidrige Inhalte gesperrt werden. Die Uneinsichtigkeit der Branche gegenüber den bisherigen Aufforderungen und Appellen der Medienwächter hat einen triftigen Grund: Weil Pornokonsum noch immer tabubehaftet ist, schrecken viele Nutzer davor zurück, für eine Altersüberprüfung ihre Identität preiszugeben. Es droht ein massiver Reichweiteneinbruch.
Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein
Wie sinnvoll eine solche Sperre ist, bleibt umstritten. Schließlich gibt es nicht nur diese drei Seiten, auf die Kinder und Jugendliche frei zugreifen können, sondern tausende. Außerdem können Jugendliche, die nach Pornografie suchen, problemlos ein VPN zur Umgehung der Ausweiskontrolle nutzen. Kulturwissenschaftlerin Madita Oeming sieht eine solche Sperre aus anderen Gründen kritisch. "Die verpflichtende Altersverifikation sendet einfach das falsche Signal: Dass Sex gefährlich ist, und Zensur junge Menschen davor schützt", sagte Oeming gegenüber netzpolitik.org im Oktober 2020. Oeming forscht seit sechs Jahren zum Thema Pornografie.