
Coronavirus:
Bei Media Markt und Saturn fallen bis zu 1000 Stellen weg
Was sich im vergangenen Sommer abzeichnete, tritt nun tatsächlich ein. Das Geschäft der Ladenketten Media Markt und Saturn hat sich dermaßen gewandelt, dass der Mutterkonzern Ceconomy 13 Filialen aufgibt.

Foto: Ceconomy
Deutschlands größter Elektronikhändler Media-Markt-Saturn will in der Bundesrepublik bis zum Herbst 2022 bis zu 1000 Arbeitsplätze streichen. 13 der 419 Märkte würden voraussichtlich geschlossen, berichtete die Deutschland-Geschäftsführung des Unternehmens in einem Brief an die Mitarbeiter. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Zuvor hatte die Lebensmittel Zeitung über den Schritt berichtet.
Die Pandemie habe das Einkaufsverhalten nachhaltig verändert, begründete die Geschäftsleitung die Einschnitte in das Filialnetz.
Immer mehr Kunden erledigten ihre Einkäufe online. Der E-Commerce-Anteil am Gesamtumsatz habe sich im laufenden Geschäftsjahr mehr als verdoppelt. Dies zwinge das Unternehmen, Anzahl und Größe der stationären Märkte auf die neuen Gegebenheiten auszurichten.
"Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der Geschäftsführung unumgänglich, von den derzeit 419 Märkten in Deutschland voraussichtlich 13 Märkte zu schließen", hieß es in dem Schreiben.
Die betroffenen Filialen ließen sich nach sorgfältiger Analyse nicht dauerhaft wirtschaftlich betreiben. Durch die Schließungen, aber auch durch eine neue Organisationsstruktur in den Märkten würden bis Ende September 2022 "voraussichtlich bis zu 1000 Arbeitsplätze wegfallen".
Doch würden an anderer Stelle neue Arbeitsplätze geschaffen.
Der Stellenabbau in Deutschland ist Bestandteil eines konzernweiten Sparprogramms, das der Elektronikhändler bereits im August vergangenen Jahres angekündigt hatte. (Hier der W&V-Kommentar: Die letzte Chance für Media-Saturn). Europaweit könnten nach früheren Angaben sogar bis zu 3500 Stellen wegfallen.
Vor allem der Textilhandel kämpft
Allein steht Media-Markt-Saturn mit seinen Plänen nicht. Deutschlands größte Parfümeriekette Douglas will fast jede siebte Filiale in der Bundesrepublik schließen. Der Konzern reagiert mit dem Aus für rund 60 der mehr als 430 Filialen in der Bundesrepublik ebenfalls auf die immer schnellere Verlagerung der Umsätze ins Internet, erklärte Douglas-Chefin Tina Müller. Rund 600 der über 5200 Beschäftigen in den deutschen Filialen verlieren dadurch ihre Jobs.
Dabei gehört Douglas - wie Media-Markt-Saturn - zu den Unternehmen, die den Sprung in den Onlinehandel noch bemerkenswert gut geschafft haben und auch die Corona-Krise bislang vergleichsweise gut bewältigten. Viele andere Ketten, ob Galeria Karstadt Kaufhof, Esprit oder Gerry Weber haben ihr Filialnetz - teilweise im Zuge von Insolvenzverfahren - bereits im vergangenen Jahr kräftig ausdünnen müssen. Und zahlreiche weitere Schließungen dürften folgen. Das glauben zumindest viele Experten.
Durch die Pandemie habe sich der Strukturwandel im Handel um rund sieben bis acht Jahre beschleunigt, heißt es in einer aktuellen Studie des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH).
Onlinewachstum und Geschäftsaufgaben in den Einkaufsstraßen erfolgten deshalb aktuell mit nie da gewesener Dynamik. "Bis 2023 werden bis zu einem Fünftel der stationären Läden ihre Türen schließen müssen - also bis zu 80 000 Geschäfte", prognostizierten die Kölner Wissenschaftler. Der Handelsverband Deutschland (HDE) befürchtet sogar das Aus für bis zu 120 000 Geschäfte.
Mit am härtesten trifft es den Textilhandel. Nach einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung KPMG und des Handelsforschungsinstituts EHI dürfte schon 2030 die Hälfte der Mode in Deutschland online gekauft werden. Damit würde sich der Marktanteil der Onlinehändler verdoppeln - mit entsprechenden Folgen für die Innenstädte.
Branchenkenner gehen deshalb davon aus, dass die Innenstädte in den nächsten Jahren ihr Gesicht dramatisch verändern werden. Wo heute noch der Modehandel, Schmuckgeschäfte, Elektronikmärkte und Parfümerien dominieren, könnte eine neue Vielfalt einziehen.
Angesichts des wachenden Onlinehandels sei künftig ein neuer Mix aus Einkaufen, Wohnen, Dienstleistungen, Gewerbe, Kultur, Freizeit und Bildung nötig, ist etwa der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) Stefan Genth überzeugt. "Das Modell der Innenstadt hat noch lange nicht ausgedient", meint er. "Aber es wird anders aussehen."