
Exklusive Reportage:
Bayerischer Rundfunk leakt AfD-Chats
Reporter:innen des Bayerischen Rundfunks liegen Inhalte einer geschlossenen Telegram-Gruppe der Bayern-AfD vor, die nun enthüllt wurden. Auf Nachfrage wollten sich die meisten Mitglieder nicht äußern.

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Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, wurden ihm exklusiv mehrere Chatbeiträge aus einer geschlossenen Telegram-Gruppe der Bayern-AfD zugespielt. Der Name des Chats lautet "Alternative Nachrichtengruppe Bayern". In der Chatgruppe mit zeitweise bis zu 200 Mitgliedern finden sich 16 der 18 bayerischen Landtags- und elf der zwölf Bundestagsabgeordneten. Aus dem im Oktober neu gewählten AfD-Landesvorstand sind zehn von 13 Personen vertreten. Die Nachrichten stammen aus dem Zeitraum von Ende 2017 bis Mitte 2021 und wurden nun auf der Seite des Bayerischen Rundfunks als Audiobericht und Reportage zum Lesen zitiert.
Darin schrieb etwa ein AfD-Kreisvorsitzender im Dezember 2020, die Bundesrepublik sei ein "Bananenland", das System sei "korrupt" und "kriminell" und schließe daraus: "Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr." Wahlen "helfen ohnehin nicht mehr". Anne Cyron, die seit 2018 für die AfD im Bayerischen Landtag sitzt, habe auf die Nachricht geantwortet: "Denke, dass wir ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht mehr rauskommen werden." Als einer der Administratoren der Gruppe agiert der neue Landesvorsitzende der bayerischen AfD, Stephan Protschka aus dem Landkreis Dingolfing-Landau.
Rauer Ton auch untereinander
Neben Parteiinterna und Strategien, wurden dem Bericht zufolge auch immer wieder islam- und ausländerfeindliche Nachrichten ausgetauscht. So schlägt beispielsweise 2018 der heutige Europaparlamentarier Bernhard Zimniok vor, einen Schweinekopf vor einer Moschee abzulegen. Außerdem ist von "Impfdiktatur" und "Impfapartheid" die Rede.
Einige der Teilnehmer widersprechen einzelnen Inhalten. Andere gehen sich mitunter hart an, beleidigen sich als "Untermensch" und auch als "Pavianbande". Auf Nachfrage des BR sagt Protschka: "Wenn sich Leute da intern was an den Kopf schmeißen, gehört das doch auch zur freiheitlich demokratischen Grundordnung dazu, dass man verschiedener Meinung ist." Zu den Umsturzfantasien könne er nichts sagen, denn er lese die Gruppe nicht mehr mit: "Die ist auf stumm geschaltet", so Protschka. Doch laut dem BR postete der Bundestagsabgeordnete im Jahr 2021 allerdings selbst dutzende Beiträge in dem Chat.
"In dieser Gruppe herrscht Meinungsfreiheit."
Zu Aussagen, dass Wahlen nichts bringen würden, sowie den Revolutionsgedanken, sagt Protschka dem BR: "Solche Sachen klären wir intern im Landesvorstand oder in den entsprechenden Gremien und mit Sicherheit nicht mit der Presse." Löschen könne er problematische Aussagen als Administrator nicht, da er nicht mitlese. Ein weiterer Administrator, der nach BR-Recherchen vereinzelt Inhalte in der Gruppe gelöscht hat, ist Johannes Huber, Bundestagsabgeordneter aus Freising. Er wollte sich auf BR-Anfrage nicht zu seiner Rolle und den Inhalten des Chats äußern. Im Chat schreibt Huber: "In dieser Gruppe herrscht Meinungsfreiheit."
Auch Landtagsabgeordnete Anne Cyron äußerte sich auf BR-Anfrage wohl nicht zu den Posts. Auch andere Mitglieder wie Georg Hock oder der Lindauer AfD-Politiker Rainer Rothfuß wollen keine Stellung beziehen. Andere wie der Bundestagsabgeordnete Peter Boehringer äußern sich umkonkret. Der BR hat außerdem heruasgefunden, dass Protschka unmittelbar nach dem Interview eine E-Mail an alle Mitglieder der Bayern-AfD schickte, in der er vor einer Kontaktaufnahme durch die Redaktion warnte und dazu aufrief, sich nicht zu äußern.