
Jahreskongress der Verleger:
BDZV: "Keine pauschale Verlagsförderung"
Mathias Döpfner lehnt bei seiner Begrüßung die von der Politik diskutierte Art der Unterstützung für Publisher ab: "Der Staat darf redaktionelle Leistungen weder direkt noch indirekt fördern."

Foto: BDZV
"Wir leben in unübersichtlichen und unberechenbaren Zeiten" – mit diesen Worten begrüßte der soeben für vier Jahre wiedergewählte BDZV-Präsident Mathias Döpfner das Publikum beim Jahreskongress des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger. Es sind, natürlich aufgrund der Pandemie, auch nach wie vor ungewöhnliche Zeiten. Denn darum steht Döpfner, außerdem Vorstandsvorsitzender von Axel Springer, nicht vor Live-Publikum, sondern erstmals in der Geschichte der Veranstaltung in einem Studio, von dem aus die Veranstaltung ausgestrahlt wird. Moderiert wird sie von Tijen Onaran, Geschäftsführerin Global Digital Women, und Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur Augsburger Allgemeine.
Es sind auch komplizierte Zeiten, so Döpfner. "Die Weltordnung scheint sich aufzulösen. Europa und Amerika entfremden sich. China greift nach der globalen Vormacht. Russland agiert immer ruchloser. Islamisten stürmen die offene Gesellschaft. Populisten sind von London bis Budapest auf dem Vormarsch. Künstliche Intelligenz könnte die Menschen zu Dienern der Algorithmen machen. Ein Virus versetzt die Welt in den Ausnahmezustand und zeitweise in Stillstand." Gründlich recherchierte, wahrheitsgemäße Informationen seien in solchen Zeiten immer wichtiger – "das ist eine historische Chance für den Journalismus."
Der habe es aber zunehmend schwer. Die Verlagsbranche befinde sich mitten in der Transformation – ein Wandel, der viele Häuser vor existenzielle Fragen stelle. Die Lösung für diese Probleme liegt für Döpfner in der Zukunft von unabhängigem Journalismus. Für diesen müssen aber einige Bedingungen erfüllt sein. Zum einen sei es "die Bereitschaft, sich mit den Mächtigen anzulegen." Ein weiterer essentieller Punkt sei finanzielle Unabhängigkeit: "Nur sie garantiert am Ende auch Vielfalt", so Döpfne
Denn auch diese Vielfalt sei von großer Bedeutung. Der Wettbewerb verschiedener Medien sei "das einzige wirksame Rezept gegen Fake News, Propaganda und Manipulation." Die Branche müsse sich täglich um Vielfalt und Pluralismus bemühen. Heißt: Nachricht und Recherche so objektiv wie möglich, Kommentar und Kolumne frei und subjektiv. Vertrauen bleibe das wichtigste Kapital der Zeitungen: "Wenn wir Vertrauen genießen, gewinnen wir Leser. Wenn wir Vertrauen verlieren, verlieren wir unsere Leser."
Faire Wettbewerbsbedingungen
Für die Unabhängigkeit und die Vielfalt der Zeitungen brauche es darüber hinaus faire Wettbewerbsbedingungen - vor allem im Verhältnis zu den großen Plattformen. "Es darf nicht passieren, dass zwei bis drei globale Plattformen die Infrastruktur tausender Verlage ersetzen und darüber entscheiden, was Milliarden von Kunden zu lesen bekommen, was richtig ist und was falsch, was gut ist und was schlecht", so der BDZV-Präsident.
Deshalb plädiere er weiterhin für eine bessere, modernere, agilere Regulierung, die den Herausforderungen der Digitalisierung gerecht werde. Eine wortlautgetreue Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform gehört nach Auffassung des BDZV ebenso dazu wie eine wirkungsstarke Plattformregulierung.
Mit großer Skepsis sieht der Verband jedoch die vom Deutschen Bundestag beschlossene Förderung der digitalen Transformation. Eigentlich wollte der BDZV eine Förderung der Zeitungszustellung als reine "Infrastruktur-Förderung". Die nun von der Politik diskutierte pauschale Verlagsförderung lehnt Döpfner rundweg ab: "Der Staat darf redaktionelle Leistungen weder direkt noch indirekt fördern."
"Wir haben bei Bild Fehler gemacht"
Wie die geplante Förderung nun im Detail aussehen soll, werde der Verband in den nächsten Wochen genau verfolgen. Logistik- und Technologieförderung sei denkbar – anderes nicht. Eine weitere "saubere" Möglichkeit könnte sich Döpfner ebenfalls vorstellen: Eine geringere oder gar keine Mehrwertsteuer für Presseprodukte sei eine andere Alternative, um den Verlagen bei der schwierigen Transformation ihrer Geschäftsmodelle zu helfen.
Einen kleinen Ausflug zum Haltungsjournalismus machte Döpfner in seiner Rede auch noch. "Journalisten sollten keine Aktivisten sein – auch, wenn es um etwas Gutes geht", so seine Meinung. "Fehler passieren" – und dafür müsse dann auch Verantwortung übernommen werden.
Das tat Döpfner dann auch noch in eigener Sache – sprich, der umstrittenen Bild-Berichterstattung zu dem Fall Solingen: Bild hatte den WhatsApp-Chatverlauf eines Jungen veröffentlicht, dessen Geschwister offenbar von seiner Mutter getötet wurden. Dafür war das Blatt heftig kritisiert worden. Zu Recht, wie Döpfner jetzt einräumt: "Wir haben bei Bild Fehler gemacht. Wir haben den Schutz von Minderjährigen missachtet. Andere Medien haben das zu Recht kritisiert." Ob sich diese Einsicht künftig auf die Bild-Berichterstattung von Chefredakteur Julian Reichelt auswirkt, muss sich noch zeigen.